
Osservatorio SICIT, n° 1/2021
10 Giugno 2021
Online il nuovo fascicolo «Osservatorio SICIT», 1/2021
11 Giugno 2021
Herausgeber: Luca Crescenzi
Koordinierung: Angelo Bolaffi, Luigi Reitani, Aldo Venturelli
Umsetzung: Elisa D’Annibale, Lorenzo Mesini
Inhaltverzeichnis
- Leitartikel. Beobachter zum deutsch-italienischen Informations- und Kommunikationsstand, 7-10
- Mario Draghi ‒ italienische Innenpolitik (deutsche Presse), 11-16
- Angela Merkel ‒ deutsche Innenpolitik (italienische Presse), 17-22
- Einwanderung nach Italien (deutsche Presse), 23-26
- Allgemeine Beobachtungen März-Mai 2021 (deutsche und italienische Presse), 27-30
LEITARTIKEL
BEOBACHTER ZUM DEUTSCH-ITALIENISCHEN INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSSTAND
Deutschland ist wieder aktuell in Italien. Nach einer langen Phase des ruhigen internationalen Vergleichs ist das öffentliche Interesse am größten Land der Europäischen Union und an den Beziehungen, die uns mit ihm verbinden, infolge des ‘Falls Griechenland’, der Polemik hinsichtlich der deutschen Vormachtstellung in Europa, und jüngst infolge der globalen Debatte über die Frage danach, wie die Pandemie und die daraus entstandene Wirtschaftskrise zu meistern sind, erneut entfacht. Umgekehrt ist Italien nach wie vor inaktuell in Deutschland. Die andauernde politische Instabilität, die Stärkung eines parteiübergreifenden Populismus, der jenseits der Alpen mit Misstrauen beobachtet wird, das langsame Wirtschaftswachstum Italiens und das Warten auf immer wieder hinausgezögerte Reformen, die das Land in sozialer, wirtschaftlicher und digitaler Hinsicht modernisieren könnten, machen es für all jene wenig interessant, denen der Fortschritt Europas hin zu einer führenden Stellung im internationalen Wettbewerb am Herzen liegt. Dass dieses Szenario unbeständig ist, hat sich bei zwei bedeutenden Fällen gezeigt: in Europa der Beschluss des Programms Next Generation EU, das auf einer gemeinsamen Initiative seitens Frankreichs und Deutschlands beruht und in Italien die Nominierung Mario Draghis zur Führung einer repräsentativen Regierung, die von fast allen politischen Kräften des Parlaments mitgetragen wurde.
Im März 2020 zeigte eine Analyse des Instituts Cattaneo, basierend auf Erhebungen des Meinungsforschungsinstituts SWG, dass Deutschland und Frankreich mit jeweils 45% und 38% als Länder galten, die den Italienern gegenüber feindselig eingestellt seien. Bereits Ende Mai – nach dem Beschluss des europäischen Hilfsprogramms, welches nachdrücklich von Deutschland gewollt war – sind die Zahlen auf 42% bzw. 31% gesunken. Eine ähnliche Umfrage, hielte man sie heute ab, würde sehr wahrscheinlich deutlich niedrigere Zahlen aufweisen. Gleichermaßen hat die Ernennung Mario Draghis auch in Deutschland eine mäßige Hoffnung hinsichtlich der Zukunft des Landes mit der größten verarbeitenden Produktion in Südeuropa belebt. Das politische Geschick, die internationale Erfahrung und die Führungskompetenz des italienischen Ministerpräsidenten haben, wenn nicht optimistische so doch zumindest zuversichtliche Kommentare hervorgerufen. Die Presse und allgemein die Medien beider Länder begleiten diese Meinungsschwankungen mit Beiträgen, die der öffentlichen Meinung einmal folgen und einmal diese kritisch kommentieren. Der «Beobachter zum Informationsstand und zur deutsch-italienischen Kommunikation» verfolgt die Meinungsentwicklung in beiden Ländern mit dem Ziel, die Barrieren und Hindernisse zu überwinden, die einem gegenseitigen Verstehen entgegenstehen. Dieses leidet nach wie vor unter dem Fortbestehen von überlieferten Stereotypen und Vorurteilen, die ganz allgemein, die sich in die Sichtweise von Nord- und Südeuropa, einschleichen. Der «Beobachter» beabsichtigt auf quantitativer und qualitativer Grundlage, indem Umfang und Zuverlässigkeit der Informationen in Augenschein genommen werden, das Entstehen, die Entwicklungsdynamiken und die Zunahme, die Verwandlung und Verbreitung von Informationselementen zu untersuchen, welche bewirken, dass das wechselseitige Bild von Italien und Deutschland verzerrt wird. Damit sollen günstigere Voraussetzungen für die Verständigung geschaffen werden, auf dass der Wissens- und Informationstransfer vom einen ins andere Land besser gelingen kann. Dies geschieht anhand der täglichen Sichtung von 50 Zeitungen und 5 Rundfunk- und Fernsehanstalten aus beiden Ländern, aus denen Artikel und Beiträge automatisch, unter Verwendung von Werkzeugen, die in Zusammenarbeit mit dem Labor Natural Language Processing Group der «Bruno Kessler- Stiftung» entwickelt wurden, entnommen und zusammengeführt werden. Dies gestattet es, die Entwicklung der italienischen Sicht auf Deutschland und umgekehrt zu beurteilen. Anschließend werden die Texte von den Forscher_innen des Istituto Italiano di Studi Germanici analysiert, quantitativ beurteilt, und schließlich werden die Ergebnisse zu spezifischen und bedeutenden Themen vorgestellt.
In Kürze wird die Seite des «Beobachters», des «Osservatorio», auch Artikel von besonderem Interesse in Übersetzung veröffentlichen. Im Laufe des kommenden Jahres wird die Analyse auch auf die Beträge interessanter Webseiten und Blogs beider Länder ausgeweitet. Ziel ist es, Werkzeuge zu schaffen, welche eine kritische Annäherung an Informationen und Narrationen, die in beiden nationalen Kontexten entstehen und ausgetauscht werden, begünstigen. Es ist bekannt, dass der öffentliche Diskurs heutzutage von verschiedenartigen und neuen Faktoren beeinflusst wird und dass unter diesen dem Problem der Kommunikation eine große Bedeutung zukommt. Es ist allerdings auch bekannt, dass das Problem der Qualität der Kommunikation selbst und der Werkzeuge, die Elemente wie Fälschungen, Verzerrungen, Auslassungen oder auch ideologische Faktoren mit eventuellen diskriminierenden Aspekten ausschließen, weiterhin offen ist. Das Istituto Italiano di Studi Germanici, mit dem «Beobachter» und die mit diesem verbundenen Forschungstätigkeiten, ist darum bemüht, zu eben jener Analyse jene Mittel zur Verfügung zu stellen, die aus dem Umstand erwachsen, die einzige italienische Forschungseinrichtung mit ausschließlich humanistischer Ausrichtung zu sein: Denn in der Tat sind sie es, die sich kritisch mit rhetorischen und argumentativen Strukturen unterschiedlicher Sprachen befassen, mit der Herausbildung von Narrativen in Diskursen und bei der Bildung der öffentlichen Meinung, mit der Untersuchung der Geschichte, um die lokalen, internationalen und globalen Zusammenhänge unserer Vergangenheit zu verstehen, mit der Analyse des historischen Gedächtnisses und schließlich mit der Untersuchung des kulturellen Kanons und den vorherrschenden Vorstellungen in verschiedene Kontexten. Die Geisteswissenschaften besitzen also Werkzeuge, die unerlässlich für die Untersuchung der internationalen Kommunikation sind. Der Einsatz dieser Werkzeuge und den Ergebnissen, die daraus resultieren, geht, so hoffen wir, ein bedeutender Beitrag zur Verbesserung des innereuropäischen Verstehens und zur Verständigung zwischen beiden Ländern hervor, um maßgeblich den Dialog auf dem Kontinent zu fördern.
Ultimo aggiornamento 7 Febbraio 2022 a cura di Luisa Giannandrea